Freundeskreis Mannheim "Die Lotsen" e.V.
Selbsthilfegruppe für Alkohol- und Medikamenten- abhängige und deren Angehörige e.V.

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Weihnachten

Ich sehn' mich so nach einem Land
der Ruhe und Geborgenheit
Ich glaub', ich hab's einmal gekannt,
als ich den Sternenhimmel weit
und klar vor meinen Augen sah,
unendlich großes Weltenall.
Und etwas dann mit mir geschah:
Ich ahnte, spürte auf einmal,
dass alles: Sterne, Berg und Tal,
ob ferne Länder, fremdes Volk,
sei es der Mond, sei's Sonnenstrahl,
dass Regen, Schnee und jede Wolk,
dass all das in mir drin ich find,
verkleinert, einmalig und schön
Ich muss gar nicht zu jedem hin,
ich spür das Schwingen, spür die Tön'
ein's jeden Dinges, nah und fern,
wenn ich mich öffne und werd' still
in Ehrfurcht vor dem großen Herrn,
der all dies schuf und halten will.
Ich glaube, das war der Moment,
den sicher jeder von euch kennt,
in dem der Mensch zur Lieb' bereit:
Ich glaub, da ist Weihnachten nicht weit!

(Hermann Hesse)

Vorausschicken möchte ich meinen folgenden Gedanken: Es geht hier irgendwie um Weihnachten. Das ist ein christliches religiöses Fest. Ich selber stamme aus einer Gesellschaft, in der die christliche Religion prägend ist. Dementsprechend sind der Wortschatz und das Wissen, über den und das ich jeweils verfüge, gefärbt. Ich lade aber alle Menschen ein mit mir zu reden im Sinne von „Weihnachten ist ein Moment des Innehaltens, der Besinnung, der Ruhe“, um gemeinsam unsere Wünsche zu formulieren. Ich werde mich nicht scheuen, nicht zögern, diesen Artikel um muslimische, jüdische, hinduistische, atheistische Verse oder welche Art auch immer zu ergänzen, die dasselbe meinen wie das oben zitierte Gedicht von Hermann Hesse. Ich werde mich nicht scheuen und nicht zögern, Eure Gedanken zu einem konstruktiven „Wir“ hier zu ergänzen.

Mir widerstrebt es dieses Jahr einfach Frohe Weihnachten zu wünschen und auf das alle dabei Ruhe und Frieden haben mögen. Natürlich sind diese Wünsche gute Wünsche, aber das ist mir angesichts dessen, was auf der Welt passiert zu einfach dieses Mal. Ich möchte nachdenken bei diesen Wünschen, denn sie „Alle Jahre wieder“ einfach abzuspulen, wird nichts ändern fürchte ich. Und auch wenn wir nur im Kleinen wirken, so berühren uns doch auch die Großen Dinge der Welt, weswegen ich dieses Jahr auch auf diese anspreche, zumal wir alle, wir alle so kleinen Menschen, ein Teil dieser großen Welt sind.

Auch Präsidenten und Staatsführer sind nur kleine Menschen in unserer großen Welt. Auch sie könnten ohne viele andere kleine Menschen, ohne uns, nichts bewegen in der Welt. Ich möchte daher nicht kapitulieren und nicht resignieren mit dem Gedanken „Ich kann doch eh nichts machen.“, denn wenn ich das tue, ja dann habe ich sicher bereits jetzt verloren. Wisst ihr es noch? „Wir sind das Volk!“ riefen viele kleine Menschen in Leipzig und es geschah was niemand erwartete: Die Mauer fiel, die Trennung der Deutschen kam zu einem Ende. Wenn ich allein auf die Straße gehe und beginne zu rufen „Wir sind das Volk!“ bewege ich nichts, wenn niemand dazu kommt. Aber wenn andere dazu kommen, dann bewegen die anderen zusammen mit mir alles. Nur wenn es nie jemand versucht, nur wenn nie jemand den Mut und die Courage hat, sich zu einem einzelnen Rufer dazu zu stellen, weil er ihm beipflichtet, dann, und nur dann, kann ich wirklich nichts machen. Und ehrlich gesagt: Dann habe ich es auch nicht besser verdient. Wenn ich immer nur sage „Ich kann eh nichts machen.“, nie zu etwas offen stehe, es nie offen sage, dann habe ich nicht zu klagen sondern es so verdient wie es ist, wie andere es mir herrichten.

Ich möchte einmal zwei Jahre herauspicken, die mir Verzweiflung und Mut angesichts des Weltgeschehens gleichermaßen vermitteln. Das eine ist das Jahr meiner Geburt, ich habe daran keine Erinnerung, aber es bedeutet mir viel. Das andere ist das aktuelle Jahr 2014. Beide Jahre haben gemeinsam, dass schreckliche Dinge auf der Welt geschahen und geschehen. Beide Jahre haben gemeinsam, dass es für mich in der Welt Ereignisse gab, die mich tief beeindruckten, faszinieren, und zeigen, dass es immer noch Schönes passiert, das Menschen konstruktiv sein können, um gemeinsam weiter zu kommen. Ich wünsche mir, dass jeder ein wenig selbst nachdenkt und überlegt, was schlimm war und ist, was schön war und ist.

1968

Martin Luther King wird ermordet. Die US Streitkräfte begehen in Vietnam ein Massaker. Der Prager Frühling wird blutig mit Panzern niedergeschlagen.

Einen Hoffnungsschimmer konstruktiver Forschung am Ende des Jahres: In Apollo 8 reisen zu Weihnachten erstmals Menschen zum Mond und funken von dort zu Heiligabend eine Weihnachtsbotschaft, die ersten 10 Verse der Genesis.

2014

Der IS zieht mit Krieg und brutalen Terror durch den Irak und Syrien. In Europa bröckelt der Frieden, in der Ost Ukraine sterben Menschen in bewaffneten Kämpfen. Israel greift den Gazastreifen an, viele Zivilisten sterben unschuldig.

Einen Hoffnungsschimmer kommt aus friedlicher Neugierde, als am 12. November die erste von Menschen gebaute Sonde auf einem Kometen landet, um mehr über uns selbst und unsere Entstehung zu lernen. Im Dezember wurde ein Raumfahrzeug getestet, in dem eines Tages Menschen selbst dorthin fliegen können.

So wie im Jahr meiner Geburt, so wie im nun nach der Weihnachtszeit endenden Jahr wünsche ich jedem Menschen der Welt, dass er für sich Zeichen der Hoffnung findet, dass er den Frieden und das Glück in seiner Seele, dass das Gedicht von Hermann Hesse ausdrückt, findet.

Für 2015 wünsche ich mir mehr schöne Nachrichten, über entstehenden Frieden, über mehr Frieden und Glück für jeden einzelnen, so wie ich das große Glück habe, immer noch in Frieden, Wohlstand und Gesundheit leben zu können. Das kommt nicht von selbst und wenn wir es haben, erhält es sich nicht von selbst. Ich bitte jeden, wünsche mir von jedem, dass er guten Willens daran geht nach Frieden zu streben, dass nicht alles unter dem Dach der Gewinnmaximierung untergeht, dass er umkehrt, wenn er begonnen hat allen zu misstrauen. Ich glaube, wenn wir danach streben, im Kleinen mit unserem Nachbarn wie auf der großen Bühne der Weltwirtschaft und -politik, dann werden wir zusammen mit unserer Gesundheit, die wir alle für uns brauchen, Weihnachten finden für diese Welt, unsere einzige Welt, die wir haben.

Ich wünsche Euch Frohe Weihnachten!

Heiko Küffen